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Kapitel 6: Tiefs und Hochs

Aktualisiert: 2. Feb. 2021


Das 2013 war ein Jahr der Abwärtsspirale


Ein gutes halbes Jahr lang hatten wir Ruhe, mussten zwischendurch ein MRI machen, aber ansonsten konnte sich Jamie von der ersten OP erholen. Im Oktober 2013 ist dann auch der Bruder von Jamie, Dylan auf die Welt gekommen. Wie es zu diesem Jahr gepasst hat, war natürlich auch diese Geburt alles andere als normal. 2 Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin hatte Sybille starke Wehen und wir mussten gegen Mitternacht ins Limmattalspital fahren. Als gegen 05:00 die Wehen immer stärker geworden sind, wurde entschieden den Kaiserschnitt bereits jetzt zu machen. Eigentlich hätte dies etwas mehr Vorbereitungszeit benötigt, aber man konnte es nicht länger hinausschieben. Jedenfalls wurde das OP-Team zusammengetrommelt und die Geburt vorgezogen. Wie bereits bei Jamie, war ich natürlich ständig dabei. Aber ich merkte relativ schnell, dass diese Geburt anders war. Die Gerätschaften piepsten alarmierend und im Operations-Team brach leichte Hektik aus. Als dann die operierende Ärztin nach der Chefärztin ausrufen liess, wussten wir, jetzt stimmt etwas ganz und gar nicht. Sybille wurde schliesslich auch in eine Vollnarkose geschickt und der ganze Körper von ihr rüttelte. Da ich ja hinter dem grünen Laken bei Sybilles Kopf war, wusste ich nicht genau, was dahinter vor sich ging. Ich hoffte einfach nur, dass es vorbei geht und es beiden gut gehen würde. Dann endlich konnte Dylan "herausgerissen" werden. Er hatte sich offenbar gedreht und steckte mit dem Kopf fest. Zu allem Unglück liess sich das Narbengewebe vom ersten Kaiserschnitt nicht genügend dehnen. Die Ärztin musste schnell reagieren und einen weiteren Schnitt vertikal machen. Ansonsten hätten beide bei der Geburt sterben können. Obschon es dann eine Weile dauerte, bis Dylan losschrie, sahen seine Werte gut aus und er hatte die Geburt trotz der Tortour gut überstanden.

Nachdem sich auch Sybille erholen konnte, durften wir die gemeinsame Zeit mit Jamie und Dylan in vollen Zügen geniessen.



Der lästige "Frechdachs"


Im Mai 2014 wurde wieder ein Kontroll-MRI bei Jamie gemacht. Es war ernüchternd, da der von Jamie "Frechdachs" genannte Tumor bereits wieder deutlich gewachsen war. Oh Mann, schon wieder ein herber Rückschlag. Und schon wieder würde uns eine nicht enden wollende Operation bevorstehen. Denn die Ärzte waren sich einig, dass eine Operation das Beste für Jamie sei. Natürlich vertrauten wir ihnen, denn sie machten einen hervorragenden Job. Jamie war ebenfalls Spitze, er ging sehr gut mit seiner Situation um und hatte Verständnis dafür.


Zum Glück schwebte er dieses Mal nicht in Lebensgefahr und alles konnte sorgfältig geplant werden. Herr Dr. prof Boszinov erzählte uns auch von einer neuen Methode, wonach während der Operation ein MRI gemacht werden könne. Zum Glück setzte er sich dafür ein, dass Jamie in den Genuss dieser Methode kommen würde. Denn so können sie viel besser und gleich unmittelbar beim Operieren überprüfen, wo und wie viel sie vom Tumor entfernen konnten und wo noch nicht.


Wieder eine so lange Operation


Am 08.05.2014 wurde also Jamie erneut am Kopf operiert. Natürlich waren Sybille und ich wieder wie auf Nägeln, aber dieses Mal war es etwas einfacher für uns. Wir kannten das Ärzteteam, hatten vollstes Vertrauen in Herrn Dr. prof Boszinov und bekanntlich ist ja beim 2. Mal alles etwas einfacher. So konnten wir Jamie direkt beim Unispital in die Hände der Ärzte übergeben und wieder nach Hause fahren. Diese Operation würde aber etwas länger dauern, als die Erste.


Dylan schlief in der Nacht zuvor bei Grossmutter "Ämi" und Sybille und ich hatten das Haus für uns alleine. Aber wirklich viel Sinnvolles konnten wir an diesem Tag auch nicht machen. Immer wieder schweiften unsere Gedanken zurück an Jamie und hofften, dass alles wieder gut gehen würde. Unglaublich, die selben Sorgen ums eigene Kind innert einem Jahr und dann noch die Horrorgeburt von Dylan. Das strapazierte uns beide enorm.


Irgendwann gegen 18:00 Uhr wurden wir schon extrem ungeduldig und warteten sehnlichst auf den Anruf aus dem Spital. Dann endlich kam er, es sei soweit alles gut gegangen....aber..... Oje, was wird jetzt kommen?

Wieder konnte nicht ganz alles vom Tumor entfernt werden. Aber die Details würde er uns persönlich mitteilen. Wir müssten uns nicht beeilen, Jamie würde nun ins Kinderspital verlegt werden und dort aufwachen. Natürlich packten wir aber unsere sieben Sachen und machten uns langsam auf den Weg. Schliesslich wollten wir unbedingt dabei sein, wenn Jamie aufwacht.


Aber Jamie wurde am selben Abend noch nicht geweckt, damit er sich noch etwas besser erholen konnte. Freundlicherweise erschien aber Dr. Boszinov nochmals bei uns, und das nach einem solch anstrengenden Arbeitstag. Wir wussten das sehr zu schätzen. Er berichtete uns, dass nach wie vor ein Teil des Tumors am Stammhirn angrenze und er diesen Teil nicht ohne Schäden entfernen könne. Somit war Jamie noch nicht aus dem Schneider und auch noch nicht geheilt. Natürlich war das eine Enttäuschung, aber wenigstens ist alles sonst gut gegangen.


Ein langes oder ein kurzes Kabel


Am nächsten Tag durfte Jamie langsam aus der Narkose verwachen. Und wieder schnappte er schon bald ein paar Nuggis und seine "Mies". Das ist sein Kuscheltier, welches er seit Geburt an hat. Witzigerweise hat er diese jetzt immer noch, doch sie sieht nicht mehr ganz so neu aus, wie damals:-)

Weil sich Jamie wieder die Nuggis ins Gesicht gedrückt hat, konnten sich alle vom Pflegepersonal noch super an ihn erinnern und freuten sich mit uns über die gelungene Operation. Er verstand es schon immer, alle zu entzücken.



Obschon eigentlich alles gut gegangen war, merkten wir relativ rasch, dass das rechte Auge von Jamie etwas merkwürdig aussah. So wässrig und entzündet. Aber offenbar sei das normal nach einer solchen Operation.

Einige Tage später, konnte Jamie dann das Spital wieder verlassen. Doch die Trübung des Auges blieb weiter bestehen. Dies veranlasste uns, das genauer untersuchen zu lassen. Tatsächlich war es so, dass die Hornhaut von Jamie's rechtem Auge einen Riss hatte. In Zusammenarbeit mit der Augenklinik und dem Chirurgenteam wurde die Ursache dafür gesucht und schliesslich auch gefunden.


Da die Operation kombiniert mit einem MRI eine relativ neue Methode war, hatte man noch nicht so viel Erfahrung damit. Die Sonden zur Überwachung der Hirnfunktion, welche unter anderem am Augenlid angebracht werden, sind an einem Kabel mit Gerätschaften verbunden. Dabei gibt es offenbar längere und kürzere Kabel. Da Jamie ein Kind ist, wurde entschieden ein kürzeres Kabel zu verwenden. Nun hatte das kürzere Kabel aber zur Folge, dass die Wärme, welche durch das MRI entstanden war, nicht genügend abgeleitet werden konnte und dadurch die Hornhaut von Jamie's Auge "verbrannt" hat. Das war bisher weltweit noch nicht bekannt gewesen. Wie so oft in der Medizin, diente diese Erfahrung allen Anderen, da dies wenig später in einer Studie veröffentlicht worden ist.


Leichte Lähmung im Gesicht


Im Zuge der Untersuchung des Auges bemerkte man auch, dass bei der 2. Operation einer der Gesichtsnerven etwas zu sehr gereizt/beschädigt worden war. Deswegen hatte Jamie auch keine Schmerzen an der Hornhaut, denn offenbar sei das etwas sehr sehr Schmerzhaftes. Jedenfalls war klar, dass Jamie oberflächlich in Teilen des Gesichts und vorallem im Auge nichts mehr fühlt. Natürlich waren wir darüber nicht erfreut, aber man wird genügsam. Hauptsache sein Kind lebt, hat eine Zukunft und geht ihm gut!



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